Fachkräftegewinnung und -sicherung in Thüringen

THÜRINGER DEMOGRAFIEKONFERENZ 2023

"Quo vadis – Fachkräftegewinnung und -sicherung für Thüringen?"

26. Oktober 2023, KONTOR Erfurt

Am 26. Oktober 2023 fand die diesjährige Thüringer Demografiekonferenz – erstmals nach drei Jahren wieder in Präsenz – statt. Die Veranstaltung orientierte sich am aktuellen „Demografischen Themenjahr“ mit dem Titel „Fachkräftegewinnung und -sicherung in Thüringen“ und brachte Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Verwaltung zusammen, um über die verschiedenen Facetten dieses für den Freistaat so entscheidenden Zukunftsthemas zu diskutieren.

Das Thema Fachkräftesicherung ist in Deutschland mittlerweile eine der zentralen Herausforderungen: Bereits heute ist der Arbeitsmarkt in vielen Bereichen von einem Engpass an verfügbaren Fach- und Arbeitskräften geprägt. In der Berufsausbildung zeigen sich ebenso zunehmend Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen.

Auch der Thüringer Arbeitsmarkt befindet sich in einem Wandlungsprozess. War es in der jüngeren Vergangenheit noch das wesentliche Ziel, die Arbeitslosigkeit zu senken, ist nach heutigem Wissenstand für die Zukunft davon auszugehen, dass der Freistaat im Jahr 2035 von einem massiven Arbeitskräftemangel betroffen sein wird.

Vor allem wird die Frage zu klären sein, wie in Zukunft die Zahl der verfügbaren Erwerbspersonen aufgrund des Transformationsprozesses des Arbeitsmarktes in Thüringen zu steigern ist?

„Der demografische Wandel ist kein singuläres Phänomen, sondern er betrifft alle Politikbereiche. Er muss deshalb von allen Akteuren in Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Thüringen als Querschnittsthema verstanden werden“, betonte die Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Susanna Karawanskij in ihrem Grußwort.

„Angesichts der demografischen Herausforderungen steht für die Landesregierung insbesondere die Stärkung der Ausbildung im Vordergrund“, so die Ministerin weiter. „Gleichzeitig müssen wir uns in Thüringen noch stärker weltoffen präsentieren, um die Menschen, die in unseren Freistaat kommen, auch auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren.“

Herr Prof. Dr. Michael Behr (TMASGFF) skizzierte in seinem Grußwort die gravierenden Umwälzungen, vor denen der Thüringer Arbeitsmarkt in Zukunft steht und die sich teilweise bereits heute vollziehen. Durch den starken Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen in den letzten Jahren sind aus den ehemaligen „Sorgenkindern des Arbeitsmarktes“ bereits „Hoffnungsträger“ geworden. Angesichts der zunehmenden Bedeutung ausländischer Beschäftigter verwies er auf die Notwendigkeit für den Freistaat, „weiterhin attraktiv, zuwanderungszugeneigt, tolerant und weltoffen“ zu bleiben.

Mit Herrn Florian Bernardt (GWS Osnabrück) präsentierte einer der Autoren die aktuelle Fachkräftestudie für Thüringen, „Herausforderungen und Chancen im demografischen Wandel – Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung in Thüringen – Projektion bis 2035“, die im Mai 2023 veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass bis zum Jahr 2035 ca. 390.000 Menschen in Thüringen den Arbeitsmarkt verlassen werden und ca. 140.000 Stellen nicht neu besetzt werden können. Er betonte, dass in den kommenden Jahren im Freistaat eine Situation eintreten wird, „in der alle, die arbeiten wollen, auch wirklich gebraucht werden“ und einen Job finden können.

Im Anschluss ordneten Herr Prof. Uwe Cantner (FSU Jena), Herr Torsten Narr (Bundesagentur für Arbeit) sowie Herr Udo Philippus (ThAFF) die Ergebnisse der Fachkräftestudie aus Sicht von Wissenschaft und Verwaltung ein und diskutierten die damit verbundenen Implikationen für den Freistaat. In der von Frau Blanka Weber moderierten Gesprächsrunde wurde deutlich, dass Thüringen über viele Potenziale verfügt – unter der Maßgabe, dass die vor uns liegenden Veränderungsprozesse aktiv gestaltet werden.

Nach der Mittagspause diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft konkrete Strategien zur Fachkräftesicherung. Mit Frau Nora Kirsten (OptoNet), Frau Maria Koller (Jenoptik), Herrn Sven Köhn (Südharz-Klinikum Nordhausen) sowie Herrn Alexander Kühl (Carrier Refrigeration eServices GmbH Erfurt) konnten Repräsentanten aus unterschiedlichsten Thüringer Branchen gewonnen werden.

Alle Diskutanten bestätigten die wachsende Bedeutung des Themas Fach- und Arbeitskräftesicherung vor Ort in den Unternehmen. Vor diesem Hintergrund wurde betont, dass die Personalgewinnung und -sicherung zunehmend aufwendiger wird, es zudem nicht die eine Lösung gibt. Vielmehr, so der einheitliche Tenor, existieren zahlreiche Stellschrauben – von der Aus- und Weiterbildung über gelingende Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten bis hin zu Programmen für ältere, zeitnah aus dem Arbeitsmarkt ausscheidende Mitarbeitende. „Wer die Zukunft will, muss bei den Kindern beginnen“, so das abschließende Fazit von Moderatorin Blanka Weber.

Der Leiter der Serviceagentur Demografischer Wandel, Herr Dr. Olaf Zucht, dankte den Teilnehmenden der Veranstaltung und zeigte sich zuversichtlich, dass das Thema Fachkräftesicherung zunehmend nicht nur als Problem, sondern auch als Chance verstanden wird, die es gemeinsam zu gestalten gilt.