Themenjahr
Seit einigen Jahren rücken demografische Prozesse zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Unter dem Schlagwort des „demografischen Wandels“ scheint ein völlig neues Thema im gesellschaftlichen Bewusstsein angekommen zu sein.
Die öffentliche Diskussion beschränkt sich dabei zumeist auf zwei entscheidende Aspekte. Auf der einen Seite werden die mit dem demografischen Wandel im Zusammenhang stehenden Prozesse häufig auf den Einwohnerrückgang und die Alterung reduziert. Andererseits werden diese Entwicklungen ausschließlich als Ergebnis der letzten zwanzig Jahre betrachtet.
Eine Definition des Begriffs „demografischer Wandel“ führt im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung zu dem Ergebnis, dass es nicht „einen Wandel“ sondern eine Vielzahl an Veränderungen mit ebenso vielen Konsequenzen für die Gesellschaft zu gestalten gilt. Der demografische Wandel muss als das Zusammenwirken vielfältiger Prozesse angesehen werden, die bereits seit Jahrzehnten wirksam sind.
Letztendlich kann der demografische Wandel wertfrei als die Veränderung der Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur definiert werden.
(s.a. BiB – Fakten (bund.de) für weitere Informationen)
Als eine der wesentlichen Grundlagen des demografischen Wandels müssen Veränderungen gesellschaftlicher Werte angesehen werden. Der Stellenwert der Familie, die nicht mehr vorhandene Notwendigkeit, Kinder als Altersvorsorge oder als Basis für die behördliche Bewilligung einer eigenen Wohnung anzusehen und die veränderten Lebensentwürfe der Männer und Frauen (hinsichtlich Erwerbsbeteiligung und Karrierechancen, Rollenverständnis, Übernahme von Fürsorgeaufgaben etc.) führen u. a. zu weitreichenden Veränderungen der Struktur, Größe und Dauerhaftigkeit der privaten Haushalte (Heterogenisierung der Lebensformen).
Eine weitere Konsequenz sind sinkende Fertilitätsraten, so dass die Geburtenzahlen unter das für die Bestandserhaltung der Bevölkerungszahl notwendige Maß sinken. In Verbindung mit einer steigenden Lebenserwartung führt dies zur Alterung der Bevölkerung, d. h. einer Veränderung der Anteile verschiedener Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung und einem höheren Durchschnittsalter. Je nach wirtschaftlicher Attraktivität der Region können Wanderungsbewegungen diesen Prozess verstärken (bei Abwanderung) oder abschwächen (bei Zuwanderung), da die Altersgruppen sehr unterschiedlich am Wanderungsgeschehen beteiligt sind (Selektivität der Wanderung). Heterogenisierung und Alterung bedingen im Allgemeinen kleinere Haushalte und sind damit hauptsächliche Ursachen der Individualisierung bzw. Singularisierung.
Die sinkenden Geburtenzahlen führen darüber hinaus zu einem Bevölkerungsrückgang. Dieser Prozess wird häufig durch die Abwanderung aus insbesondere wirtschaftlichen Erwägungen verstärkt. In wirtschaftlich prosperierenden Regionen kann eine (Zu-)Wanderung diese Entwicklung abschwächen, den Gesamttrend jedoch weder aufhalten noch umkehren.
Den gleichen Effekt weisen internationale Wanderungen auf, die in den westlichen Industriestaaten zumeist Wanderungsgewinne erzeugen. In der Konsequenz führen diese zu einer kulturell-ethnischen Diversifizierung der Bevölkerung (Internationalisierung).
Diese Kernprozesse treten dabei zeitlich und regional mit höchst unterschiedlicher Intensität auf. In der Folge wird deutlich, dass Handlungsansätze immer situations- und regionsspezifisch ausgeformt sein sollten.
Aus Sicht der Landesregierung gelten folgende Thesen als Leitlinien für die Gestaltung des demografischen Wandels: